Montag, 4. November 2013

Mission in sich wandelnden Kontexten


 Die zweite Woche der Vollversammlung hat begonnen. Thematische Schwerpunkte sind Mission (Montag), Christliche Einheit (Dienstag), Gerechtigkeit (Mittwoch), Frieden (Donnerstag).


Der Tag gestern hat mich wirklich begeistert: Nach einer - wie immer - tollen Bibelarbeit in Kleingruppen fand das Plenum zur neuen Missionserklärung des ÖRK statt: "Gemeinsam für das Leben: Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten". Beschlossen wurde diese bereits 2012 vom Zentralausschuss, so dass sie gestern nur präsentiert und vertieft wurde.

Mission bedeutet, zu erkennen, wo der Geist am Werk ist, und mitzumachen
Anders als die letzte Missionserklärung des ÖRK von 1982 geht die neue theologisch von der Pneumatologie aus. Das bedeutet, dass Mission in erster Linie auf das Wirken des Heiligen Geistes zurückgeht. Aufgabe der Kirche ist es, dies zu erkennen und sich daran zu beteiligen.

Mission von den Rändern her
Vor allem aber geht die neue Erklärung davon aus, dass die Mission der Zukunft eine "Mission von den Rändern" her sein wird. Zitat: "In der Vergangenheit ebenso wie in der Gegenwart haben sich vorherrschende Formen der Mission häufig ausgerichtet an einem Modell des Dienstes für die Menschen an den Rändern der Gesellschaft. Dabei wurden bzw. werden die Ausgegrenzten häufig als Empfänger und nicht als eigene Akteure der missionarischen Arbeit gesehen." Und weiter: "Jesus Christus tritt in Beziehung zu den Menschen, die in der Gesellschaft am stärksten ausgegrenzt werden und wendet sich ihnen zu, um allem lebensfeindlichen Kräften entgegenzutreten und sie zu verwandeln. ... Mission von den Rändern her versucht, gegen die Ungerechtigkeiten in Leben, Kirche und Mission anzugehen. Sie versucht, eine alternative missionarische Bewegung zu sein und die Vorstellung zu widerlegen, dass Mission nur von den Mächtigen zu den Machtlosen hin verlaufen kann, von den Reichen zu den Armen, von den Privilegierten zu den Ausgegrenzten."

Faszinierend ist für mich neben dieser Schwerpunktsetzung, dass sie gemeinsam von Kirchen und kirchlichen Strömungen verantwortet wird, die sich normalerweise gerade in Fragen von Mission nicht gerade durch Einigkeit auszeichnen. Dies spiegelte das gestrige Plenum wider, dessen Auftakt u.a. ein thematisches Grußwort von Thomas Schirrmacher, dem Vorsitzenden der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz, bildete.
Dann folgten sehr gute Vorträge von Stephen Bevans, katholischer Priester und Professor in Chicago, von Cecilia Castillo Nanjarí, Kirche der freien Pfingstmissionen in Chile, sowie von Bischof Geevarghese Mor Coorilos vom Syrisch-Orthodoxen Patriarchat von Antiochien, Metropolit in Niranam in Indien, und Vorsitzender der Kommission für Weltmission und Evangelisation.
Ich hoffe, die Vorträge noch im Wortlaut zu bekommen und weitergeben zu können
Die Missionserklärung ist hier zu finden: http://www.moewe-westfalen.de/fileadmin/media/Bilder/Content/Aktuell/Busan_2013/Gemeinsam_fuer_das_Leben.pdf

 Ich habe gestern mit vielen Menschen darüber geredet und vor allem sehr positive Kommentare gehört. Spannend wird sein in unserem eigenen Kontext zu bearbeiten, welche neuen Perspektiven sich daraus für unsere Arbeit konkret ergeben.

Teatro Ekyumenikal, Theatergruppe vom Nationalen Kirchenrat auf den Philippinen


Pressekonferenz mit Bischof Dr. Geevarghese Mor Coorilos, Prof. Dr. Kirsteen Kim (Vorsitzender und stellvertr. Vorsitzende der Kommission für Weltmission und Evangelisation) sowie Dr. Jooseop Keun, dem ÖRK-Sekretär der Kommission für Weltmission und Evangelisation


Schade fand ich allerdings, dass es im Plenum keine Gelegenheit gab, darüber zu reden - nicht einmal Rückfragen oder wenige Kommentare waren möglich. Es hat den Anschein, dass man bei der Vollversammlungsplanung alles versucht hat, Konflikte zu vermeiden, und das wohl so verstanden hat, dass man Gespräche überhaupt vermeidet. Die normalen Delegierten und BesucherInnen hören fast nur zu - und sprechen auf den Gängen oder beim Essen miteinander. Zum Austausch sind eigentlich zwei andere Arbeitsformen gedacht: die Ökumenischen Gespräche (siehe Blog vom 31.10.) und die Arbeitsgruppen auf dem Madang. Hier besteht die Gelegenheit, sich in Kleingruppen von 50-200 Personen mit Themen zu beschäftigen, die im Plenum nicht vorkommen oder Plenumsthemen zu vertiefen. Inhaltlich total spannend! Allerdings ist meine Erfahrung, dass auch hier vorwiegend (von Männern) vorgetragen wird und man/frau erneut überwiegend zuhört.

Ansonsten:
- wurden gestern die acht Präsidenten des ÖRK gewählt (http://wcc2013.info/de/news-media/all-news/vollversammlung-wahlt-neue-ork-prasidenten),
- und wird am Mittwoch der neue Zentralausschuss gewählt.

Und wie es bei Wahlen so ist: Für kurze Momente weicht die Eintracht dem eisenharten Machtinteresse, um danach wieder in harmonische Geschwisterlichkeit überzugehen.

1 Kommentar:

  1. Zum Thema Missionserklärung: Gefällt mir sehr!
    Ich freue mich schon auf neue Diskussionen in unseren Ausschüssen!
    Zum Thema Beteiligung und Wahlen, also eigentlich zum Thema Macht: Gefällt mir gar nicht!
    Mt 20,26: So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener.

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